Café Palästina

 

 

Das Konzept

2020 wurde erstmals ein Café Palästina in Brühl veranstaltet.

 

Einen Schwerpunkt bilden hier die verschiedenen Facetten des palästinensischen Alltags und der Kultur; in diesem Rahmen werden Beispiele der Literatur, der Musik und der Malerei des Westjordanlandes vorgestellt.

 

Die Auftaktveranstaltung am 15. Februar 2020 war gleichzeitig die Feier zum zweijährigen Bestehen des Arbeitskreises. Sie war ein voller Erfolg.

 

Das erste Café Palästina

15. Februar 2020

 

 

Am 15. Februar 2020 veranstaltete der Arbeitskreis zum ersten Mal das Café Palästina. Damit feierte er zugleich sein zweijähriges Bestehen.

 

Wir dürfen sagen: Die Veranstaltung, die Brühls Bürgermeister Dieter Freytag mit einem Grußwort eröffnete, war ein voller Erfolg.

Almut Zimmermann eröffnet

die Veranstaltung zusammen mit

Bürgermeister Dieter Freytag


Das Konzept des Café Palästina legt den Schwerpunkt auf die verschiedenen Facetten der Kultur des Landes. Und dank des Engagements vieler eigener Kräfte, aber auch der Mitwirkung von Künstlern, die von außerhalb kamen, konnten wir ein breites Programm anbieten:

  • Bild links: Unsere Musikgruppe Hubu Lahni („Liebe zur Melodie“)
  • Verstärkung erhielten wir durch das Duo Bassem Hawar, Irak (Kniegeige Djoze) und Reza Samani, Iran (Trommel Daf) (Mitte)
  • Bild rechts: Khaled Shomali, Mitglied unseres Arbeitskreises, hat als Lyriker schon viele Bücher veröffentlicht. Beim Café Palästina trug er seine Gedichte auf Arabisch vor; Marianne Merbeck las die deutsche Übersetzung.

Ein Höhepunkt war eine Life-Schaltung nach Palästina via Skype. Unsere Freundinnen und Freunde hatten sich in der Bethlehem Academy of Music in Beit Jala versammelt, und so konnten wir über eine halbe Stunde lang miteinander plaudern und musizieren. Im Wechsel machten wir für die jeweils andere Seite Musik: Auf unserer Seite musizierten Bassem Hawar und Reza Samani, auf der anderen Seite führten einige Jugendliche der dortigen Musikschule ihr Können auf verschiedenen Instrumenten vor. Auch die Bürgermeister von Battir und Brühl, die sich bei dem Besuch unserer Freundinnen und Freunde aus Battir im Herbst 2019 kennengelernt hatten (siehe dazu den Bericht über die 4. Deutsch-palästinensische kommunale Partnerschaftskonferenz) nutzten die Gelegenheit, sich wieder kurz auszutauschen.

 

Fotos aus Beit Jala: © Mariam I. Ma'mmar

 


So konnten wir dank der Technik fortsetzen, was für uns besonders wichtig ist:

persönliche Begegnungen pflegen und vertiefen.

Außerdem wurde – und das war ein weiterer Höhepunkt – der gut halbstündige Film Seed queen – Die Samenkönigin von Palästina von Mariam Shahin vorgeführt. Er zeigt die Arbeit von Vivien Sansour, einer Palästinenserin, die lange in den USA gelebt hat und vor einigen Jahren nach Palästina zurückgekehrt ist. Ihr Anliegen ist es, den Anbau von traditionellem Gemüse zu fördern. Dazu hat sie eine Saatgut-Sammelstelle eingerichtet (Palestine Heirloom Seed Library = „Palästinensische Erb-Saatgut-Bibliothek“); das Saatgut, das hier gezüchtet und vermehrt wird, wird an die Bauern in Palästina weitergegeben.

Almut Zimmermann zusammen mit der Regisseurin Mariam Shahin

Mariam Shahin, die Regisseurin, war bei unserer Veranstaltung selbst anwesend und stand nach der Vorführung noch für ein Gespräch zur Verfügung.

 


Auch für das leibliche Wohl war gesorgt, natürlich mit palästinensischen Spezialitäten. Und im Vorraum konnten die Gäste sich mit Hilfe vieler Bücher und Broschüren sowie durch eine PowerPoint-Präsentation, die in Dauerschleife lief, über den politischen Hintergrund des Lebens in der Westbank informieren.

 

Zum Abschluss des Abends konnte Khaled Shomali noch einige der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem kleinen palästinensischen Tanz (Dabke) animieren.

 

So war die ganze Feier in jeder Hinsicht eine wirklich „runde Sache“.

Sie fand auch unerwartet großen Zuspruch:

 

Nur schwer konnten wir im Voraus abschätzen, wie viele Personen der Einladung folgen würden, denn es war schließlich die erste Veranstaltung dieser Art, die wir durchführten. Wir hatten vorsichtig mit etwa 40 gerechnet. Am Ende waren es etwa doppelt so viele – ein deutliches Zeichen, dass sowohl das Thema als auch das Format auf reges Interesse stoßen.

 

Das bestärkt uns in dem Vorsatz, auch das Café Palästina – wie unsere gesamte Arbeit – weiterzuführen.

 

 

 

 

Die erste Musikgruppe des Arbeitskreises:

 

Hubu Lahni  - "Liebe zur Melodie"

 

Fotos: © Klaus Bochem

 

Café Palästina

am 26. September 2020

 

 

Das zweite Café Palästina konnte Corona-bedingt nur mit begrenzter Teilnehmerzahl stattfinden. Ort der Veranstaltung war diesmal die Kirche St. Stephan in Brühl, ein Bau des renommierten Kölner Architekten Gottfried Böhm, dessen Sohn Paul unter Beteiligung seines Vaters die Zentralmoschee in Köln gebaut hat.

St. Stephan bot mit seinem quadratischen Grundriss und seinem gedämpften Licht eine sehr schöne Umgebung für unsere Veranstaltung.

 

Im Mittelpunkt standen zwei Beiträge von Ursula Mindermann, einer Vizepräsidentin der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft.

 

Der erste war ein ca. 45-minütiger, bildgestützter Vortrag über „Graffitikunst auf der Sperrmauer in Bethlehem“, die vor allem von dem inzwischen weltweit bekannten, aber immer noch geheimnisumwitterten britischen Künstler mit Pseudonym Banksy stammt. Auf eindrucksvolle und oft beklemmende Weise thematisieren diese Bilder die Situation der Unterdrückung und des Eingesperrtseins der Bewohnerinnen und Bewohner der Westbank, zeigen aber auch ihre Hoffnungen und Sehnsüchte und lassen bisweilen blitzartig Alternativen zu der aufgezwungenen Lebensweise aufscheinen. Eine kleine Diskussion im Anschluss an diesen Vortrag bot Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit dem Gehörten und Gesehenen und zur Vertiefung.

 

In einem etwa 10-minütigen Film stellte Frau Mindermann dann noch die Produktion und Vermarktung von Sahber vor, einer Limonade mit Kaktus-Feige, die in Palästina hergestellt wird. Diese Produktion verfolgt gleich mehrere Anliegen: Zum einen wird damit die Kenntnis der Verarbeitung eines uralten Produkts der heimischen Landwirtschaft lebendig erhalten – wichtiger Bestandteil der Pflege des eigenen kulturellen Erbes; zum anderen tragen die erzielten Einkünfte natürlich zum Lebensunterhalt der damit beschäftigten Familien bei; und nicht zuletzt leistet ihr Vertrieb in Deutschland einen kleinen kulinarischen Beitrag dazu, die Verbindung zwischen unseren Ländern mit Leben zu füllen. Denn ein wesentliches Element dieser Verbindung besteht ja darin, etwas über die Lebensweise der jeweils anderen Seite zu erfahren.

Fotos von der Kaktusfeige und ihrer Vermarktung: © UrsulaMindermann

In einer Pause konnte die Kaktus-Feigen-Limonade dann in zwei verschiedenen Geschmacksrichtungen auch probiert und – ebenso wie einige andere landwirtschaftliche und kunsthandwerkliche Produkte von der Westbank – erworben werden.

Das Rahmenprogramm des Nachmittags gestaltete unsere Musikgruppe „1001" Melodie mit E-Piano, Geige, Cello, Cajón und Gesang. Mit ihrem reichhaltigen Repertoire sorgten die drei jungen Damen auch zwischendurch immer wieder für Abwechslung und ermöglichten es den Besucherinnen und Besuchern, in andere Sphären einzutauchen. Gleichzeitig halfen sie ihnen dabei, das Gehörte sacken zu lassen und zu verarbeiten.

 

 

 

Beendet wurde die Veranstaltung durch Khaled Shomali, der – wie schon beim ersten Café Palästina – eigene Gedichte auf Arabisch vortrug, zum Teil ebenfalls musikalisch untermalt. Die deutsche Übersetzung der Gedichte las wieder Marianne Merbeck.

 

Links Almut Zimmermann, die die Veranstaltung moderierte, neben Ursula Mindermann und Khaled Shomali

Fotos vom Café Palästina: © Klaus Bochem

 

Cafe Palästina

 

am 11. Juni 2022

 

 

 

Die Veranstaltung widmete sich der Frage, wie Palästinenserinnen und Palästinenser, die ihre Heimat schon vor langer Zeit als Vertriebene und Geflüchtete verlassen haben, in der Fremde leben; wie sie in ihren neuen Heimatländern – auch innerlich – „angekommen“ sind, wie sie ihre Lage empfinden und beurteilen, wie sie sich zurechtgefunden haben und heute zurechtfinden. Ursula Mindermann, Vizepräsidentin der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft e.V., führte das in ihrem Vortrag eindrucksvoll vor Augen. Sie stellte eine Reihe von Palästinenserinnen und Palästinensern vor, die in der Fremde leben und deren Lebensgeschichten sie mit ihren beiden Co-Autoren zusammengetragen hat (siehe Cover auf der Einladung oben).

 

Der Vortrag, der kurz auch auf die historischen Hintergründe von Flucht und Vertreibung einging, wurde ergänzt durch den Bericht einiger Palästinenser, die an der Veranstaltung teilnahmen und so selbst über ihr Leben „Away from Home“ berichten konnten. Erfreulich war zu hören, dass alle sowohl privat als auch beruflich gut in Deutschland angekommen sind. Sie haben also wirklich, wie der Titel der Veranstaltung sagt, „Home Away from Home“ gefunden. Dennoch bleibt die Verbindung zu ihrem Herkunftsland natürlich emotional wie auch durch vielfältige persönliche Beziehungen sehr tief in ihnen verwurzelt, was sich nicht zuletzt in einem deutlichen Engagement für die Belange der alten Heimat niederschlägt.

 

 

Die Bilder
Oben: Almut Zimmermann mit der Referentin Ursula Mindermann

Bildergalerie: Anmar Barakat - Nazih Musharbash (Präsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft) - Hakam Abdelhadi - Dr. Ribhi Yousef (Vizepräsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft) - Khaled Shomali

© Klaus Bochem

 

Eingebettet wurden die Vorträge in ein abwechslungsreiches Programm mit Musik und Lesungen. Der junge Syrer Anmar Barakat spielte Stücke auf der Zither, Hakam Abdelhadi trug einige seiner Erzählungen vor und Khaled Shomali eine Auswahl aus seinen Gedichten. Und natürlich kam die kulinarische Seite auch nicht zu kurz.

 

Mit dieser Veranstaltung wurde zugleich eine Ausstellung zu dem Thema eröffnet, die noch mehrere Wochen im Begegnungszentrum MargaretaS zu sehen war. Die Bilder waren so an den Fenstern platziert, dass sie von außen gut zu sehen waren – eine Ausstellung rund um die Uhr.

© Michael Kümpel

 

Cafe Palästina

 

am 12. November 2022

 

 

Im Mittelpunkt des Café Palästina am 12. November 2022 stand die reiche Lebenserfahrung von Dr. Aref Hajjaj, die sich in dem Titel seines neuesten Buches „Heimatlos mit drei Heimaten“ zugespitzt niederschlägt. „Zugespitzt“ kann man deshalb sagen, weil Dr. Hajjaj gleich zu Beginn seiner Ausführungen deutlich machte, dass die Verwurzelung in zwei Kulturen – der arabischen und der deutschen – zweierlei bedeutet: Bereicherung und Bürde. Bereicherung, weil die Situation an sich bereits „Weltoffenheit“ impliziert; Bürde, wenn man meint gezwungen zu sein, sich zwischen seiner Herkunftskultur und der Kultur der neuen Heimat zu entscheiden. Entscheide man sich auch in der neuen Umgebung für seine Herkunftskultur, führe das, so Hajjaj, zur Bildung einer Parallelgesellschaft, die in manchen Ländern in Europa zu beobachten sei. Der andere Weg - einseitige Entscheidung für die Kultur, in der man lebt - könne dagegen zur völligen Anpassung an den neuen Lebensbereich führen und damit zur zunehmenden Entfremdung von der Herkunftskultur.

Die Kapitelüberschrift „Zwischen geliebter und gelebter Mentalität“ deutet in den Adjektiven eine andere Facette der Spannung eines Lebens in zwei Kulturen an; und die Tatsache, dass diese Überschrift sowohl über dem ersten als auch über dem letzten Kapitel des Buches steht, macht deutlich, dass es sich hier um eine wesentliche Konstante eines Lebens in „drei Heimaten“ handelt („drei“ deswegen, weil Dr.Hajjaj, als Palästinenser geboren, auch die deutsche und die schweizerische Staatsbürgerschaft besitzt). Der Referent plädiert nachdrücklich dafür, die Spannung im Kern dadurch zu lösen, dass man beide Kulturen miteinander in Einklang bringt; man könnte sagen: Aus beiden Welten das Beste nimmt und miteinander verbindet.

Hinsichtlich des Genres ordnet Dr. Hajjaj sein Buch „zwischen Erzählung und Sachbuch“ ein. Zur Ebene der Erzählung gehört eine fiktive Gestalt mit Namen Nader, eine Art personalisierter roter Faden durch alle Kapitel und für Leserinnen und Leser mit einer ähnlichen Lebenserfahrung ein Identifikationsangebot. Die Begegnungen und Diskussionen, die Erfahrungen, Probleme, Sorgen und Reflexionen Naders sind dagegen exemplarisch für ein Leben in zwei Kulturen und stehen damit auf der Ebene des Sachbuchs.

Dieses Konzept bietet die Grundlage für die Darstellung und Erörterung der verschiedensten Themen: „Mentalität, Identität, Vorurteile, Ideologie, Pragmatismus, Antisemitismus, Philosemitismus, Islamophobie, multikulturelle Ehe usw.“

Dr. Hajjaj las Auszüge aus mehreren Kapiteln, ergänzte die Lesung aber auch immer wieder durch anschauliche Erläuterungen und weiterführende Überlegungen. Die Verbindung der beiden Ebenen Fiktion und Wirklichkeit fand damit sozusagen eine Fortsetzung in der sehr geglückten Verbindung von Lesung und freiem Vortrag, der das Ganze lebendig und geradezu kurzweilig machte.

Eine lebhafte Diskussion der Zuhörerinnen und Zuhörer mit dem Referenten schloss sich an.

Eingebettet war der Auftritt Dr. Hajjajs in ein abwechslungsreiches kulturelles Rahmenprogramm: Maria Jonas, Brühler Sängerin mit vielen internationalen Engagements, trug arabische Lieder in der Originalsprache vor, wobei sie sich selbst auf der indischen Shrutibox begleitete (Bassem Hawar hatte krankheitsbedingt absagen müssen). Die Ratinger Lyrikerin Lisi Schuur und der Brühler Lyriker Khaled Shomali, wie Maria Jonas Mitglied unseres Arbeitskreises, trugen neuere Gedichte aus ihrem umfangreichen Schaffen vor.

Und die kulinarische Seite kam natürlich auch nicht zu kurz.

 

Die Brühler Sängerin Maria Jonas mit der Shrutibox                Die Ratinger Lyrikerin Lisi Schuur                                   Der Brühler Lyriker Khaled Shomali

© Klaus Bochem

 

Cafe Palästina

 

am 17. September 2023

 

 

 

Weitere Informationen über Dari und

einen Eindruck von der Kunst des Kalligrafierens bekommen Sie hier:

 

https://www.youtube.com/watch?v=IUcO-lKi1-E

https://www.youtube.com/watch?v=OP66-t0c-jg


Das Café Palästina mit Ahmad Dari war eine sehr facettenreiche Veranstaltung. Im Mittelpunkt stand die Eröffnung seiner Ausstellung mit historischen Fotos, die „Palästina vor und nach der Nakba 1948“ zeigen. Sie machen deutlich, dass das Land vor der Einwanderung der Zionisten keineswegs ein „Land ohne Volk“ war; die Bilder zeigen eine Bevölkerung mit einer hochentwickelten bürgerlichen Kultur. Umso stärker dann der Kontrast in den Bildern, die die Situation nach der Staatsgründung Israels am 18. Mai 1948 zeigen:

Almut Zimmermann, Sprecherin des AK,

eröffnet die Veranstaltung

Es sind Bilder von Flüchtlingstrecks, von Zeltlagern, in denen die Geflohenen und Vertriebenen hausten – Bilder des Elends, der Erniedrigung und der Hoffnungslosigkeit.

Ein Begleittext gibt eine allgemeine Auskunft über die Fotos und den Hintergrund ihrer Entstehung (s.u.).

Ein kurzer Vortrag stellte die Nakba in den historischen Kontext: Er informierte über den Teilungsplan der UNO vom 27. November 1947 und stellte die Vorgeschichte des Teilungsplans dar:

  • die zionistischen Einwanderungen, die 1882 begannen und in der Nazizeit ihren Höhepunkt erreichten, sowie
  • die daraus resultierenden, zunehmend gewaltsam ausgetragenen Konflikte zwischen Zionisten und Palästinenser:innen, die schließlich
  • die britische Mandatsmacht bewogen, ihr Mandat an die UNO zurückzugeben, welche die Teilung des Landes beschloss.

Einige Informationen über wichtige Ereignisse nach dem Staatsgründung – Erster israelisch-arabischer Krieg, Rückkehrgesetz und Gesetz über das Eigentum Abwesender – rundeten die historische Einführung ab (siehe pdf-Version des Vortrags am Ende).

Eingebettet waren die historisch-politischen Ausführungen in ein reiches kulturelles Programm – entsprechend der grundsätzlichen Ausrichtung des Café Palästina, dessen Anliegen es ist, die Kultur der Palästinenser:innen in Deutschland zu vermitteln. Auch dazu erwies sich Ahmad Dari als die richtige Person: Er richtet nicht nur Ausstellungen aus, sondern ist auch Musiker, der die Oud – die arabische Laute – spielt und dazu (teils selbstkomponierte) arabische Lieder singt. Bei unserer Veranstaltung spielte er auch zusammen mit Bassem Hawar (Djoze -palästinensische Kniegeige). Die beiden kannten sich nicht vorher; ihr Zusammenspiel war aber so perfekt, dass sie wie ein eingespieltes Duo wirkten. Anmar Barakat rundete das musikalische Programm mit Beiträgen auf der Qanun – der arabischen Zither – ab.

 

 

 

Ahmad Dari ist nicht nur Musiker, er ist auch ein bedeutender Kalligraf. Etwa ein Dutzend seiner Kalligrafien hatte er mitgebracht – und er führte diese beeindruckende Schreib-Kunst auch vor. Mittels geeigneter Fototechnik konnte man das auf der großen Leinwand verfolgen. Wer wollte, konnte auch seinen eigenen Namen kalligrafieren lassen; fast die Hälfte der ca. 70 Besucher:innen nahm dieses Angebot gerne wahr.

 

Nicht zuletzt gab es auch wieder poetische Darbietungen: Eike Falk und Lisi Schuur  trugen eigene Prosatexte vor, Khaled Shomali einige seiner Gedichte, die er auf Arabisch und auf Deutsch präsentierte.

 

Beschlossen wurde die Veranstaltung mit der Dabkeh, einem populären palästinensischen Tanz; die Einladung, mitzutanzen, wurde von vielen Besucher:innen angenommen.

Natürlich gab es auch wieder palästinensisches Fingerfood, das Eman Abusada und Sumati Zimmermann zubereitet hatten.

 

Almut Zimmermann, die Sprecherin des Arbeitskreises, und Khaled Shomali, der die ganze Veranstaltung organisiert hatte, führten durch das Programm.

 

© Bilder: Klaus Bochem und Ribhi Yousef


A h m a d  D a r i: biografische Notizen

Palästinenser aus Jerusalem; Jahrgang 1964

Lebt seit 1985 in Paris

 

Ahmad Dari als Künstler

  • Studium der Kunst in Paris
  • Spezialisierung auf Kalligrafie

 o   Workshops für Kinder und Erwachsene

 o   Publizierte einige Werke über Kalligrafie

 o   Mitgestaltung mehrerer öffentlicher Gebäude, u.a. des Mahmoud Darwish Museums in Ramallah

 

Musiker und Dichter:

o  Oud (orientalische Laute) und Akkordeon

o  Schreibt Gedichte und vertont sie

 

Politisches und gesellschaftliches Engagement

  • Stellvertretender Delegierter für Palästina bei der UNESCO in Paris (1996-2012)
  • Mitglied mehrerer internationaler Jurys, z.B. für den UNESCO-Musikpreis und für den Simon-Bolivar-Preis der UNESCO
  • Fotoausstellungen, z.B.

o   Jerusalem-Fotoausstellung im Hauptquartier der Vereinten Nationen in Genf und im Hauptquartier der

Europäischen Union in Brüssel

o   mehrere Ausstellungen in Litauen und den Niederlanden

 

Derzeitige Tätigkeiten:

o   Leiter des Palästinensischen Forums für Kultur und Medien in Frankreich

o   Aufsicht über die Einrichtung der Palästinensischen Bilderbank in Paris

 

Eigenes Archiv:

§  Ca. 25.000 Bilder von Palästina von 1880 bis heute

§  Große Sammlung alter Postkarten aus Palästina vom Beginn des 20. Jh.

§  Satz alter Karten von Palästina seit 1825 und

§  Veröffentlichungen für den französischen Fremdenführer für Palästina 1922

 


Zur Fotoausstellung:

 

Palästina vor und nach der Nakba 1948

 

Nakba bedeutet wörtlich „Katastrophe“.

 

Die Palästinenser:innen bezeichnen mit diesem Wort die Vertreibungen und Enteignungen, die sie im Zusammenhang mit der Gründung des Staates Israel erlitten haben.

 

 

Vor 1948

 

Eine Reihe von Fotos aus Palästina – vom Ende des 19. Jahrhunderts (Erfindung der Kamera) bis 1948 (vor der Gründung Israels am 14. Mai dieses Jahres).

 

Die ausgestellten Fotos sind Erinnerungen an das palästinensische Volk, die ursprünglichen Bewohner:innen des Landes. Sie repräsentieren viele Merkmale seiner Gesellschaft und sind wichtige Indikatoren für den kulturellen Lebensstil sowie die wirtschaftliche und politische Situation dieser Zeit.

 

Die Bilder stammen aus verschiedenen Quellen. Die wichtigsten davon wurden von Fotografen aufgenommen, die Palästina in den letzten zwei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts besucht haben. Wir erwähnen hier den französischen Fotografen Félix Bonfils, der 1880 nach Palästina kam und sich auf die Erstellung von Porträts in Nazareth, Bethlehem und Jerusalem konzentrierte. Tancrède Dumas, der Palästina, Syrien, den Libanon und Jordanien besuchte und ebenfalls wichtige Szenen und Begebenheiten dokumentierte. Und auch die Tharaud-Brüder (Jerome & Jean), die Forscherin und Fotografin Sarah Graham-Brown und viele andere Fotografen aus England, Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika gehörten dazu. Darüber hinaus gibt es eine wichtige Sammlung palästinensischer Fotograf:innen, vor allem der palästinensischen Journalistin Karimeh Abbud aus Nazareth, die als die erste professionelle Fotografin der arabischen Welt gilt (sie begann ihre Karriere 1913). Ein weiterer Fotograf namens Hanna Safieh aus Jerusalem, der 1927 als professioneller Fotograf zu arbeiten begann. Sein Interesse galt der Dokumentation des palästinensischen gesellschaftlichen Lebens sowie touristischer und religiöser Stätten.

 

Sie finden auch viele Fotos aus französischen Archiven, der australischen Nationalbibliothek, der amerikanischen Kolonie Jerusalem, den Archiven der Stadt Nazareth und vielen anderen, die von verschiedenen Institutionen und palästinensischen Familien zusammengestellt wurden.

 

Generell bietet die Ausstellung ein authentisches Bild Palästinas und seines Volkes, zeigt dessen Bedeutung in dieser Zeit und spiegelt die Schönheit eines Landes wider, das für seine Offenheit und Toleranz bekannt war. Es repräsentiert das Bild einer zivilisierten Gesellschaft, die im Einklang mit ihrer natürlichen Umgebung, ihrer Geschichte und ihrem inhärenten Erbe lebte.

 

 

 

Nach 1948

 

Bilder von palästinensischen Flüchtlingen seit Beginn ihrer Vertreibung durch zionistische Banden im Jahr 1948, bei der über 750.000 Palästinenser:innen ihre Häuser, Dörfer und Städte verlassen mussten. Das war der Beginn einer langen Reise des Leidens und der Entfremdung, die bis heute andauert. Sie wurden auf Flüchtlingslager verteilt, die in vielen benachbarten arabischen Ländern und auch in Palästina für sie eingerichtet wurden, und warteten auf ihre Rückkehr in ihr Heimatland

 

Wir können nicht umhin, die Rolle der internationalen Gemeinschaft zu erwähnen, die für die wichtigsten Aspekte und Dimensionen dieser humanitären Tragödie verantwortlich ist. Verantwortlich vor allem wegen ihrer unbegrenzten Unterstützung und Förderung der zionistischen Ambitionen in Palästina und wegen ihres bisherigen Versagens, dem palästinensischen Volk Gerechtigkeit zu verschaffen.

 

Diese Fotos stammen größtenteils aus dem UNRWA-Archiv und einigen anderen Quellen.

 

 

 

(UNRWA (= United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East) ist das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten.

 

 


 

E x k u r s   z u m   S t i c h w o r t   "Z  i o n i s m u s":

 

 

 

 

Cafe Palästina

 

am 16. Juni 2024

 

 

 

In seinem Vortrag gab Bashar Shammout zunächst einen kurzen Überblick über die reiche Kultur Palästinas in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Foto- und Filmtechnik kamen dabei ebenso zur Sprache wie die zahlreichen und reichhaltigen Bilbliotheken.

Damit strafte der Referent eine Behauptung Lügen, die sich hartnäckig bis heute hält: die Behauptung, Palästina sei vor der Besiedlung durch die Zionisten ein rückständiges, unterentwickeltes Land gewesen. So wird beispielsweise das Bild von der Villa, die die Zionisten in den orientalischen Dschungel gebaut hätten und das der aus Russland nach Palästina eingewanderte Zionist Berl Katznelson (1887-1944) in die Welt gesetzt hat, bis heute wiederholt; etwa in dem 2024 erschienenen Buch „Bedrohtes Israel“ des ehemaligen israelischen Botschafters in Deutschland, Avi Primor, der insgesamt mit der israelischen Palästina-Politik hart ins Gericht geht. Dass das geradezu systematische Ignorieren einer Schicht bürgerlicher Intellektueller in Palästina der Wirklichkeit in keiner Weise gerecht wird, zeigt eindrucksvoll auch der Film „The Great Book Robbery“, den der AK Palästina Brühl-Battir am 31. Mai 2024 gezeigt hat (siehe hier).

 

 

Der erwähnte Überblick über die reiche Kultur Palästinas bildete bei Bashar Shammout den Hintergrund für sein Hauptthema: die Darstellung und Erläuterung der Bilder seiner Eltern Ismail Shammout und Tamam El-Akhal. Beide sind namhafte palästinensische Künstler, deren Werke schon in zahlreichen internationalen Ausstellungen gezeigt wurden. Einige werden auch in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin aufbewahrt – leider nur im Fundus.


Interessant war bei dem Vortrag der Vergleich zwischen den unterschiedlichen Malstilen der Eltern: Während der bereits vor einigen Jahren verstorbene Vater, Ismail Shammout, eher einen traditionellen Stil pflegte, experimentierte die Mutter, Tamam El-Akhal, auch mit neueren Stilelementen. Und was ganz erstaunlich ist: Sie malt auch im fortgeschrittenen Alter – Jahrgang 1935 – noch.

 

Besonders aufschlussreich war es, zu sehen, wie sich in den Bildern beider Künstler die Geschichte Palästinas widerspiegelt. Hier lassen sich die verschiedenen Phasen dieser Geschichte ablesen: Von der Nakba 1948, der entsetzlichen Katastrophe der Vertreibung der Palästinenser, über Zeiten der Hoffnung und der Entspannung (etwa in dem Hoffnungsjahrzehnt der 90er Jahre mit den Oslo-Abkommen) zur Enttäuschung dieser Hoffnung in der zweiten Intifada (2000-2005) bis hin zu neuer Hoffnung, die allzu oft aus Verzweiflung geboren ist.

 

 

Bilder von Ismail Shammout:


Über die QR-Codes kann man sich Erläuterungen durch den Künstler und die Künstlerin im O-Ton (arabisch) anhören.

Bilder von Tamam El-Akhal:


Gerade darin zeigt sich aber das Potenzial der Kunst als Ausdruck des Widerstands: Kunst wie Kultur insgesamt als das „große Dennoch“ gegen die bedrängende, allzu oft unmenschliche Wirklichkeit. Das zeigt sich nicht nur in der Thematik der Bilder, sondern auch in deren symbolischen Elementen, die Bashar Shammout erläuterte; etwa in dem Kaktus, der für Zähigkeit und Widerstand steht, oder in dem Pferd, das das Edle und Schöne repräsentiert und das in den Bildern der Mutter häufig zu sehen ist.

 

Auf den Vortrag und ein Gespräch über die Ausstellung folgten abwechslungsreiche Darbietungen von Gedichten (Lisi Schuur, Dalia Shomali, Khaled Shomali); abgeschlossen wurde unser Café Palästina mit der Dabke, dem traditionellen palästinensischen Tanz, zu dem alle Gäste eingeladen waren.

 

Eingebettet war die Veranstaltung in musikalische Darbietungen des Trios „1001 Melodie“ (Dalia und Lina Shomali, Elen Carbonari), das mit Streichinstrumenten (Geige und Cello), elektrischem Klavier, Cajon und Gesang wieder einmal die erstaunliche und beeindruckende Breite seines Repertoires zeigte.

 

Wiedergabe des Fotos von Ismael Shammout und Tamam El-Akhal sowie ihrer Gemälde mit freundlicher Genehmigung von Dr. Bashar Shammout

Alle anderen Fotos: © Klaus Bochem